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Sozialgerichtliche Verfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung sind geprägt durch
Anerkennung als ArbeitsunfallAm häufigsten gelangen Streitigkeiten um die Anerkennung eines Versicherungsfalls, insbesondere eines Arbeitsunfalls oder eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit (§§ 7 - 9 SGB VII), zu den Sozialgerichten. Hierbei sind die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 2, 3, 6 SGB VII sowie § 8 SGB VII zu klärende Fragen, nämlich ob der Kläger zum versicherten Personenkreis gehört. Das führt dann zu der Entscheidung, welche Leistungen dem Kläger zustehen, insbesondere ob ihm eine Verletztenrente zusteht und in welcher Höhe sie zu gewähren ist. Dies erfordert Kenntnis der DGUV und ihrer Organisationsstrukturen. Hier ist Rechtsanwalt Marco Rath der richtige Fachanwalt an ihrer Seite. |
An dieser Stelle erfolgt nur ein kurzer Überblick über die Leistungen der Unfallversicherung. Zu jeder Leistung habe ich weiter unten ausführliche Angaben gemacht. Scrollen Sie also einfach weiter runter, wenn Sie weitere Informationen benötigen.
Schmerzensgeld nur bei BehandlungsfehlerNicht erbracht werden die im allgemeinen Schadensrecht üblichen Leistungen wie Schmerzensgeld und Ersatz von Sachschäden, außer ein Hilfsmittel wie eine Brille wird beschädigt. Hierbei können wir Sie aber mithilfe anderer gesetzlicher Grundlagen insbesondere aus dem Arzthaftungsrecht unterstützen. |
Das gilt auch, wenn die Ärzte die jeweils übernommenen Bereitschaftsdienste in ihrem häuslichen Umfeld verrichten.
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.02.2023 - L 2/12 BA 17/20
Die Hotlineberatung war im Rahmen eines Unterstützungspakets einer Reise- und Auslandskrankenversicherung erbracht worden. Im Streit stand die Tätigkeit als abhängige oder selbständige Tätigkeit.
Aus der ärztlichen Eigenverantwortung bei Heilbehandlungen könne nicht ohne Weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, so das Landessozialgericht. Hierdurch werde sie noch nicht zur Unternehmerin. Auch der Umstand, dass die Ärztin zu Hause gearbeitet habe und keinen Weisungen zum Arbeitsort unterlegen habe, sei in Anbetracht der vielfältigen heutigen Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr. Bei abhängigen Tätigkeiten bestünden gerade im Homeoffice grundsätzlich weitgehende Freiheiten bei der Festlegung der Arbeitszeiten.
Gesetzliche Vermutung für ursächlichen Zusammenhang des Spätschadens mit Organspende - Daher keine Beweislast beim Spender.
LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.01.2023 - Az.L 3 U 233/18
Wer zugunsten eines Angehörigen eine Niere spendet und danach an chronischer Erschöpfung leidet, hat Anspruch auf Entschädigung aus der Gesetzlichen Unfallversicherung.
Gemäß § 12a(1)2 SGB VII wird unter bestimmten Voraussetzungen ein ursächlicher Zusammenhang des Spätschadens mit der Lebendorganspende vermutet. Dadurch entfällt die Beweislast für den Spender. Die Vermutungsregelung besteht, um die Bereitschaft der Bevölkerung zu Organspenden zu erhöhen.
Die Voraussetzungen sind wie im entschiedenen Fall erfüllt, wenn die Lebendnierenspende nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Verursachung chronischer Erschöpfungszustände generell geeignet ist. Der Klägerin steht eine Teilrente zu, weil die Erschöpfungserkrankung ihre Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent mindert.
Ein Unfall ist ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall eines Versicherten während einer versicherten Tätigkeit (während der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg). Ansprüche stehen Versicherten dann zu, wenn
LangzeitfolgenDas Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente. Das sagt das Gesetz - § 8 Abs. 1 SGB VIIFür einen Arbeitsunfall ist danach grundsätzlich erforderlich, dass 1. die Verrichtung des Versicherten (etwa: Klettern auf ein Baugerüst) zur Zeit des |
In einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. September 2024 wurde entschieden, dass ein Arbeitsunfall vorliegen kann, wenn eine Arbeitnehmerin nach einem privaten Wochenendausflug auf dem Weg zu ihrer Wohnung verunglückt, um dort Arbeitsunterlagen und -schlüssel vor Arbeitsbeginn abzuholen.
BSG, Urteil vom 26.09.2024 - Az. B 2 U 15/22 R
Konkret ging es um eine Frau, die früh morgens nach einem privaten Ausflug zu ihrer Wohnung fuhr, um Schlüssel und Unterlagen für ihre Arbeit bei der Eröffnung eines Gemeindezentrums zu holen. Auf dem Rückweg verunglückte sie kurz vor ihrem Wohnort schwer.
Die zuständige Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen hatten den Vorfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Die Frau legte jedoch Revision ein und das BSG verwies den Fall zurück an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG). Das BSG stellte klar, dass der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt werden könnte, wenn die Frau auf Weisung ihres Arbeitgebers unterwegs war, um die Arbeitsschlüssel und -unterlagen zu holen. Selbst wenn keine direkte Weisung vorlag, könnte der Unfall als versicherter Arbeitsweg gelten, wenn die Arbeitnehmerin unentbehrliches Arbeitsmaterial aus ihrer Wohnung holen wollte, das für die Verrichtung ihrer Arbeit notwendig war.
Entscheidend ist, ob es sich bei den Arbeitsunterlagen und Schlüsseln um unverzichtbares Arbeitsgerät handelte, das die Arbeitnehmerin für ihre Tätigkeit benötigte. Das BSG bestätigte damit die Möglichkeit, dass Wege zu und von der Wohnung, die dem Zweck der Arbeitsaufnahme dienen, unter bestimmten Umständen als versicherter Betriebsweg anerkannt werden können.
Ein Schüler ist in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn er beim sogenannten Bahnsurfen auf dem Heimweg von der Schule einen Stromschlag erleidet.
BSG, Entscheidung vom 30.03.2023 - B 2 U 3/21 R
Es steht nicht entgegen, dass der Schüler die Gefahr selbst geschaffen hat.
Verbrennungen aufgrund Starkstromschlags
Der damals knapp 16-jährige Kläger war Gymnasiast und bestieg nach Schulende den Regionalexpress, um nach Hause zu fahren. Während der Fahrt öffnete er die verschlossene Durchgangstür des letzten Waggons mit einem mitgeführten Vierkantschlüssel und stieg auf die dahinterliegende, den Zug schiebende Lok. Auf dem Dach erlitt er einen Starkstromschlag aus der Oberleitung und stürzte brennend von der Lok. Er zog sich hochgradige Verbrennungen und andere schwere Verletzungen zu.
Versicherungsschutz trotz selbst geschaffener Gefahr
Das BSG hat einen Wegeunfall festgestellt und damit anders als die Vorinstanz Versicherungsschutz des Klägers in der Schülerunfallversicherung bestätigt. Schüler sind demnach bei spielerischen Betätigungen im Rahmen schülergruppendynamischer Prozesse unfallversichert. Auch im Fall des Klägers ist es darum gegangen, im befreundeten Schülerkreis "cool" zu sein. Die von ihm selbst geschaffene Gefahr schließt den Unfallversicherungsschutz nicht aus. Angesichts wiederholt erfolgreicher Surfaktionen steht vielmehr fest, dass die dabei erworbene Sorglosigkeit zu einer massiven alterstypischen Selbstüberschätzung führte.
Stürzt eine Arbeitnehmerin auf dem Weg zum Briefkasten, liegt ein Arbeitsunfall vor, wenn sie ihrem Betrieb die ärztliche Bescheinigung über die Dauer ihrer Erkrankung schicken wollte. Das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass sich die Verletzte zweifelsfrei auf einem Betriebsweg befand. Sie habe ihrer gesetzlichen Pflicht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz nachkommen wollen.
BSG, Urteil vom 30.03.2023 - B 2 U 1/21 R
Eine erkrankte Frau wollte im Winter 2013 ihre Arbeitsunfähigkeitsbeschäftigung an ihren Arbeitgeber versenden. Auf dem Weg zum Briefkasten stürzte sie und verletzte sich. Sie musste behandelt werden und bezog später Krankengeld. Die Berufsgenossenschaft und die Vorinsztanzen lehnten ihr gegenüber Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Weder sei die Übersendung arbeitsvertraglich geschuldet noch habe der Betrieb konkret die Übersendung veranlasst. Die Verletzte hätte lediglich eigene Rechte wahren wollen.
Bundessozialgericht: Die Ablehnung sei "offensichtlich fehlerhaft, weil ein Arbeitsunfall zweifelsfrei und ohne jegliche weitere Ermittlungen zu bejahen" sei. Nach § 5 Absatz 1 Satz 2 und 4 Entgeltfortzahlungsgesetz sei die Geschädigte verpflichtet gewesen, ihrem Arbeitgeber eine zuverlässige Information über die voraussichtliche Dauer ihrer Erkrankung zukommen zu lassen. Dieser Pflicht habe sie hier nachkommen wollen.
Ein ehrenamtliches Mitglied eines Frauenchores ist bei einem öffentlichen Adventssingen in kirchlichen Räumlichkeiten unfallversichert, gerade wenn die Freude am Gesang und der Gemeinschaft im Vordergrund steht.
BSG, Urteil vom 08.12.2022 - Aktenzeichen B 2 U 19/20 R
Voraussetzung für den Unfallversicherungsschutz ist nach § 2 Abs. (1) Nr. 10b) SGB VII nur mittelbar ehrenamtliches Tätigwerden über eine privatrechtliche Organisation. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Die Klägerin war Mitglied eines Frauenchores, der am 3. Dezember 2016 in den Räumlichkeiten einer evangelischen Kirchengemeinde ein öffentliches Adventssingen darbieten wollte.
Das Adventssingen des privatrechtlich strukturierten Frauenchores freiwillig, unentgeltlich und im Interesse des Gemeinwohls im Rahmen einer kirchlichen Veranstaltung statt. Der Weg dahin stand deshalb in innerem Zusammenhang mit dem versicherten Ehrenamt, selbst wenn die Klägerin das Singen in dem Chor vornehmlich aus Freude am Gesang und der Gemeinschaft ausüben wollte. Denn Freude gehört zum Wesen des Ehrenamts.
Dasselbe wird dann auch bei anderen Veranstaltungen des Chors zu gelten haben, zum Beispiel bei Proben oder Ausflügen.
Ehrenamtliche Mitglieder des Elternbeirats eines kommunalen Kindergartens sind beim Zuschneiden von Baumscheiben für den Weihnachtsbasar des Kindergartens unfallversichert. Dies gelte auch dann, wenn die Sägearbeiten auf ihrem Privatgrundstück stattfinden.
BSG, Urteil vom 05.12.2023 - Az. B 2 U 10/21 R
Der Kläger war Mitglied im Elternbeirat eines kommunalen Kindergartens. Im Jahr 2017 sollte er für den jährlichen Weihnachtsmarkt des Kindergartens Baumscheiben zurechtschneiden, um diese auf dem Basar des Weihnachtsmarktes zu verkaufen. Als er diese Arbeiten auf seinem Privatgrundstück vornahm, geriet seine linke Hand in die Kreissäge und er verlor Mittel- und Ringfinger. Die Klage auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls war in den Vorinstanzen erfolglos.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt als Mitglied des Elternbeirats innerhalb der gesetzlichen Aufgabenkreise der Gemeinde als Trägerin des Kindergartens und des Elternbeirats ehrenamtlich tätig war. Kindergarten und Elternbeirat hatten ihm die Sägearbeiten konkret übertragen. Fehlende Einwirkungsmöglichkeiten auf dem Privatgrundstück des Klägers seien insoweit ohne Belang. Der Versicherungsschutz erstrecke sich ohne zeitliche oder räumliche Begrenzung auf ehrenamtliche Tätigkeiten "für" die Einrichtung.
Ein Busunternehmer erlitt eine schwere Augenverletzung durch eine Verpuffung im Heizkessel seiner Heizung während seiner Arbeit im Homeoffice. Das Bundessozialgericht (BSG) erkannte den Vorfall als Arbeitsunfall an, da er auch sein Homeoffice heizen wollte.
BSG, Urteil vom 18.04.2024 - B 2 U 14/21 R
Zuvor hatten das Sozialgericht München und das Bayerische Landessozialgericht den Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt, da der Zusammenhang zwischen Arbeitstätigkeit und Unfallursache fehlte.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung ebenfalls ab, da der Mann die Heizung regulierte, um seine Kinder zu wärmen.
Das BSG widersprach dieser Auffassung und entschied, dass die Benutzung des Temperaturreglers unternehmensdienlich war, da der häusliche Arbeitsplatz des Klägers beheizt werden sollte. Somit wurde die defekte Heizung als versichertes Arbeitsrisiko eingestuft.
Das BSG betonte, dass im Homeoffice auch die von privaten Gegenständen ausgehenden Gefahren versichert sind, sofern der Betrieb dem Unternehmen dient.
Das LSG Sachsen-Anhalt entschied, dass ein Vater, der von seinem geistig behinderten Sohn mit einer Vase am Kopf verletzt wurde, einen Arbeitsunfall erlitten hat. Der Vater war ehrenamtlicher Betreuer seines Sohnes und zuständig für dessen Gesundheitsfürsorge.
LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.06.2024 – Az. L 6 U 19/23
Im Jahr 2016 kam es in ihrer gemeinsamen Wohnung zu einem Streit, als der Vater den Sohn aufforderte, sein schimmelbefallenes Zimmer für eine Begutachtung aufzuräumen. Der Sohn reagierte aggressiv und schlug dem Vater eine Vase auf den Kopf, wodurch dieser eine Platzwunde erlitt.
Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab, da sie ihn nicht als versicherte Tätigkeit einstufte. Das Gericht hingegen urteilte, dass der Angriff im Rahmen der Betreuertätigkeit stattfand, insbesondere weil der Vater den Notruf wählte, um ärztliche Hilfe für den Sohn zu holen.
Die Tätigkeit des Vaters als Betreuer umfasste somit auch Maßnahmen zur Gesundheitsfürsorge, weshalb der Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen sei. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
Erleidet ein Bahnmitarbeiter eine posttraumatische Belastungsstörung, weil er unmittelbar den Suizid eines Reisenden miterleben muss, hat er einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 22.02.2022 - L 3 U 146/19 -
Am Hauptbahnhof Düsseldorf stieg ein Mann nicht in den Zug ein, sondern rannte los, als der Zug losfuhr. Nachdem der angefahrene Zug gestoppt hatte, fand der Lokführer den zweigeteilten Leichnam. Nach einer kurzen Arbeitsunfähigkeit übte der Mitarbeiter seine Tätigkeit zunächst weiter aus, litt aber an Flash-backs, Albträumen und Schlafstörungen. Die ihn später behandelnden Fachärzte und Psychotherapeuten diagnostizierten eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Nach dem LSG war das Unfallereignis für die Entstehung der PTBS wesentliche Ursache. Das Unfallereignis sei ein objektiv schwerwiegendes Ereignis. Die PTBS hätte sich ohne das Unfallereignis nicht entwickelt. Mit dem Erleben des Selbstmordes hat sich ein vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung umfasstes Risiko verwirklicht, welches die Entstehung der PTBS wesentlich geprägt hat.
Ob für einen Unfall gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht, richtet sich maßgeblich nach der unfallbringenden Tätigkeit.
Laut LSG Baden-Württemberg ist es unzulässig, aus einer Gesamtschau aller ausgeübten vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten des Betroffenen einen Schwerpunkt zu bilden.
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2023 - L 1 U 954/23
Ein Land- und Forstwirt, der auch eine gewerbliche Brennholzaufbereitung mit zugekauftem Holz betrieb, geriet beim Holzhacken mit einem "Kegelspalter" in die Maschine und kam ums Leben. Weder die landwirtschaftliche Unfallversicherung noch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) wollte Witwenrente zahlen.
Konkrete unfallbringende Tätigkeit, nicht Gesamtschau maßgeblich
Das Landessozialgericht hat die landwirtschaftliche Unfallversicherung zur Zahlung der Witwenrente verurteilte.
Hier habe der Versicherte nach den bestätigten Feststellungen des SG eigenes, für den Verkauf bestimmtes Holz gehackt, als der Unfall passierte. Die Verarbeitung eigenen Holzes war laut LSG nicht nur ein "Nebenunternehmen" der unversicherten gewerblichen Brennholzverarbeitung, sondern Teil des forstwirtschaftlichen "Hauptunternehmens", das insgesamt bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert gewesen sei.
Am 22. März 2024 entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, dass die Witwe eines Unternehmers eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, nachdem ihr Mann auf der Rückfahrt aus dem Urlaub tödlich verunglückt war.
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.01.2024 - Az. L 21 U 202/21
Der Unternehmer war mit seiner Ehefrau auf dem Motorrad auf dem Weg zurück aus dem Urlaub direkt zum Autohaus des Unternehmers unterwegs, um dort die Arbeit wieder aufzunehmen.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Zahlung einer Hinterbliebenenrente ab, da sie die Fahrt als privat veranlasst ansah. Das Gericht entschied jedoch, dass der Unfall als Arbeitsunfall zu werten sei, da der Unternehmer auf dem Weg zu seinem Betrieb verunglückte.
Das LSG begründete seine Entscheidung damit, dass der Versicherungsschutz auch für Wege gelte, die nicht direkt von der Wohnung zur Arbeitsstätte führen, wenn der Arbeitnehmer im betrieblichen Interesse unterwegs ist. In diesem Fall sollte der Unternehmer seine Frau zum Autohaus fahren, damit sie dort die gemeinsame Tochter vertreten könne.
Die Entscheidung ist bedeutsam für alle Unternehmer, da sie oft außerhalb der regulären Arbeitszeit beruflich unterwegs sind und zeigt, dass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch bei solchen Wegen besteht.
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München stufte die Teilnahme an einem Lehrgang für Sportübungsleiter und den Unterricht an einer Wirtschaftsschule als Tätigkeiten mit hoher Infektionsgefahr ein, wodurch Corona-Infektionen eines Polizisten und eines Lehrers als Dienstunfall anerkannt wurden. Beide Tätigkeiten setzten die Betroffenen einer ähnlichen Infektionsgefahr aus wie Personen im Gesundheitsdienst
Urteile vom 05.06.2024 – Az. 3 BV 21.3116 und 3 B 22.809.
Der Polizist nahm im März 2020 am praktischen Teil eines Sportübungsleiter-Lehrgangs teil, der in geschlossenen Räumen stattfand und körperliche Anstrengung beinhaltete, was zu verstärktem Ausstoß von Aerosolen führte. Teilnehmer trugen keine Schutzmasken und praktizierten Partnerübungen mit Körperkontakt. Schwimmbad, Umkleiden und Duschen wurden gemeinsam genutzt. Dies führte zu einem massiven Infektionsausbruch: 19 von 21 Teilnehmern, einschließlich des Polizisten, erkrankten an Corona. Der Lehrgang wurde abgebrochen und als "infektiöser Hotspot" eingestuft.
Der Lehrer musste während des Unterrichts den Mindestabstand zu den Schülern unterschreiten, da der Unterricht häufigeren und näheren Kontakt erforderte. Einige Schüler hielten die Infektionsschutzmaßnahmen nicht ein. Anfang Dezember 2020 wies die Schule eine massiv erhöhte Infektionsrate auf: Zehn von 30 Lehrkräften und zahlreiche Schüler wurden positiv getestet. In einer vom Lehrer unterrichteten Klasse infizierten sich 19 von 23 Schülern. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr wurde die Schule am 2. Dezember auf Distanzunterricht umgestellt.
Schüler, die nach Schulschluss auf dem Weg in ein Sportinternat einen Unfall haben, sind unfallversichert. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie dort das Mittagessen einnehmen und Hausaufgaben machen. Da der Weg ins Internat letztlich mit dem Heimweg vergleichbar ist, bleibt der Schutz der Unfallversicherung bestehen.
SG Hannover, Urteil vom 14.03.2023 - S 22 U 214/20
Der klagende Schüler musste täglich nach Schulschluss in ein etwa 700 Meter entferntes Sportinternat gehen, um dort zunächst sein Mittagessen zu sich zu nehmen und dann seine Hausaufgaben zu machen. Danach nahm er im Sportleistungszentrum am Schwimm-Kadertraining teil. Auf dem Weg von der Schule ins Sportinternat hatte er einen Unfall. Die Unfallversicherung begründete die Ablehnung eines Wegeunfalls damit, dass das Sportinternat nur ein Zwischenziel war.
Dem SG Hannover zufolge gehört auch der Weg ins Sportinternat zum versicherten Weg, ähnlich dem Heimweg zur elterlichen Wohnung, weil der Schüler dort nichts anderes erledigt als zu Hause. Dort war er elterlicherseits angewiesen, zu essen und die Hausaufgaben zu machen. So hat der Aufenthalt im Sportinternat nur den Aufenthalt in der elterlichen Wohnung ersetzt.
Erleidet der Arbeitnehmer einer Zimmerei dadurch Verletzungen, dass er sich während seiner Arbeit in einem Pool des Arbeitgebers erfrischt und dabei verunglückt, so kann dies ausnahmsweise einen Arbeitsunfall darstellen. Dies gelte zumindest dann, wenn das Bad im Pool mit allen anwesenden Kollegen inklusive des Chefs stattfinde und der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit diene, entschied das Sozialgericht München.
SG München, Urteil vom 02.05.2023 - S 9 U 276/21
Der Kläger war Beschäftigter eines Zimmereibetriebes und zog sich beim Baden im Pool des Arbeitgebers schwere Verletzungen unter anderem der Halswirbelsäule. Vorausgegangen waren anstrengende Arbeiten auf dem Betriebsgelände bei hochsommerlichen Temperaturen. Da unmittelbar vor dem Betriebsurlaub noch weitere Arbeiten erledigt werden sollten, wies der Arbeitgeber seine Mitarbeiter an, sich durch ein Bad im Pool zu erfrischen um danach wieder gestärkt an die Arbeit zu gehen.
Private Verrichtungen wie Essen, Trinken und Rauchen sind grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Hier diente die Erfrischung im Pool aber ausdrücklich dazu, die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten bis zum Ende des heißen Arbeitstages zu erhalten. Zudem nahmen alle Anwesenden einschließlich des Arbeitgebers selbst an dem Bad teil. Der Kläger konnte sich dem praktisch nicht entziehen können. Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich bewusst einer erhöhten Gefahr ausgesetzt hat. Unter diesen Umständen war das Baden als betriebsbezogene und damit versicherte Tätigkeit zu werten.
SG München, Entscheidung vom 22.05.2023 - Az. S 9 U 158/22
Erleidet eine SchülerIn während einer Unterrichtsveranstaltung im Homeschooling einen Unfall, werden Leistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung begründet. Für die Arbeit im Homeoffice hat der Gesetzgeber dies inzwischen klargestellt. Entsprechendes gilt auch für das Homeschooling.
Die damals 13-jährige Klägerin nahm während der Corona-Pandemie von zuhause an einer Videokonferenz als schulische Lehrveranstaltung (Homeschooling) teil. Während einer dieser Unterrichtseinheiten stürzte sie, als sie sich ein Buch holen wollte, und verletzte sich dabei nicht unerheblich im Gesicht.
Das Aufstehen vom Computer und Holen von Schulmaterial steht in einem engen Zusammenhang mit dem Unterricht. Der Unterrichtsvorgang wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass es sich um eine Stillarbeitsphase mit ausgeschaltetem Mikrofon handelte. Die LehrerIn konnte immer einzelne Arbeitsanweisungen geben. Weil der Gesetzgeber mittlerweile geregelt hat, dass auch die Arbeit im Homeoffice als Arbeitsunfall gilt, muss die Arbeit von Schülern im Homeschooling gleich bewertet werden.
Zu der Frage, wie man nachweisen kann, wann und wo man sich mit dem Covid-19-Virus infiziert und damit einen Arbeitsunfall erlitten hat, legte das SG Potsdam die Richtlinien der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zugrunde. Daran müsse sich die Unfallversicherung festhalten lassen.
SG Potsdam, Urteil vom 06.03.2023 - Az. S 2 U 32/22
Eine ehrenamtliche Richterin nahm im November 2020 an einer rund vierstündigen Sitzung teil. Mit ihr verhandelten der Kammervorsitzende und eine weitere Laienrichterin in einem etwa 12 m2 großen Beratungszimmer, in dem der Abstand voneinander von anderthalb Metern nicht eingehalten werden konnte. Ihre Kollegin klagte an diesem Tag über Kopfschmerzen und erkrankte ein paar Tage später an Covid-19. Fünf Tage nach der Sitzung bekam die Klägerin eine heftige Erkältung und musste im weiteren Verlauf der Erkrankung mit dem Coronavirus in die Notaufnahme des Krankenhauses eingeliefert werden.
Die gesetzliche Unfallversicherung weigerte sich, die Infektion als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Sozialgericht Potsdam hingegen bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls nach § 8 Abs. 1 SGB VII.
Infektion kann Arbeitsunfall begründen
Das Sozialgericht sah in den Symptomen einer Infektion einen "Unfall" im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII, weil das Eindringen von Erregern eine Einwirkung auf den Körper "von außen" darstelle. Sie habe sich auch während der Verhandlung mit Covid-19 angesteckt, weil sie ihrer bereits erkrankten Kollegin über rund vier Stunden gegenübergesessen habe.
Der Schwierigkeit, genau zu beweisen, dass sich die Laienrichterin genau an dem Sitzungstag bei ihrer Kollegin angesteckt habe, begegnete das SG Potsdam mit den Richtlinien der DGUV. Diese bejahten die Annahme einer Ansteckung, wenn sich die neu erkrankte Person mit einer zuvor erkrankten Person in dem Zeitraum zwischen zwei Tagen vor dem Auftreten und zehn Tagen nach dem Auftreten derer Symptome in einem Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole länger als zehn Minuten aufgehalten habe. Die beklagte Versicherung sei Mitglied des Spitzenverbands und müsse sich im Rahmen der Selbstbindung an diesen Vorgaben festhalten lassen.
Auch auf einer Weihnachtsfeier, Fahrradtour oder einem Grillfest - Wenn Unternehmen ihre Mitarbeitenden zum Zweck des Teambuildings zu Betriebsausflügen oder Firmenfeiern einladen, besteht der gesetzliche Unfallversicherungsschutz. Unter den folgenden Voraussetzungen gilt ein Unfall bei einem Betriebsausflug als Arbeitsunfall:
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Hierzu sind wir mit unserer Arbeitsrechtsabteilung für Sie da. Frau Rechtsanwältin Merkel berät Sie dazu kompetent. Bei Problemen mit der Arbeitssicherheit handelt es sich um arbeitsrechtliche Fragen.
Die vordringlichste Aufgabe der Unfallversicherung ist es, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden. Erst nach Eintritt des Versicherungsfalls, also eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, besteht Anspruch auf die übrigen Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu haben die Träger der Unfallversicherung folgendes Instrumentarium:
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Gegenüber dem Arbeitsunfall haben Versicherte Vorteile wegen der Besserstellung bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes und zusätzlichen Leistungen nach § 3 BKV.
Es muss zwischen Listen-Berufskrankheiten und Wie-Berufskrankheiten unterschieden werden. Es handelt sich um ein Listenprinzip mit Öffnungsklausel:
BSG, Urteil vom 22.06.2023 - B 2 U 11/20 R
Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei Rettungssanitätern kann als Wie-Berufskrankheit anerkannt werden, weil Rettungssanitäter einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt sind.
Der Kläger erlebte als Rettungssanitäter viele traumatisierende Ereignisse (unter anderem Amoklauf, Suizide und andere, das Leben sehr belastende Momente). 2016 wurde bei ihm eine PTBS festgestellt.
Rettungssanitäter sind während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt. Diese Einwirkungen sind abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft Ursache einer PTBS. Der Ursachenzusammenhang ergibt sich aus den international anerkannten Diagnosesystemen, insbesondere dem Statistischen Manual Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung sowie den Leitlinien der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften.
Der Kläger muss aber darlegen, dass seine PTBS auf die Tätigkeit als Rettungssanitäter zurückzuführen ist.
BSG, Urteil vom 22.06.2023 - Az. B 2 U 9/21 R
Der klagende Feuerwehrmann war bei seiner Arbeit Infektionsgefahren besonders ausgesetzt, weil er dabei unvermeidbaren Kontakt mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten hatte. Auf eine konkret nachgewiesene Infektion kommt es für die Anerkennung der Berufskrankheit nicht an.
Der Kläger war Wehrführer und Bergretter der Freiwilligen Feuerwehr. Er verrichtete klassische Löschtätigkeiten, versorgte Verkehrsunfallopfer und rettete Wanderer, Kletterer und Gleitschirmflieger aus unwegsamem Gelände. 2017 erkrankte er an Hepatitis B. Bereits das Sozialgericht hat in erster Instanz eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festgestellt. Das Landessozialgericht hat die Klage hingegen abgewiesen.
Das BSG hat der Klage nun stattgegeben. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit Infektionsgefahren besonders ausgesetzt gewesen, weil er dabei unvermeidbar Kontakt mit Blut und sonstigen Körperflüssigkeiten, insbesondere Schweiß, Erbrochenem und Tränenflüssigkeit hatte. Auf eine konkret nachgewiesene Infektionssituation oder eine bestimmte Anzahl von Einsätzen mit Kontakt zu verletzten Personen komme es für die Anerkennung der Berufskrankheit Nummer 3101 nicht an.
Krebs kann trotz langjährigen Rauchens als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Nikotinkonsum nach jahrelanger Abstinenz nicht mehr hinreichend wahrscheinlich die Erkrankung verursacht hat.
Bundessozialgericht, Urteil vom 27.09.2023 - Az. B 2 U 8/21 R.
Ein 1956 geborener Kläger war langjähriger Raucher, bevor er im Jahr 2000 abstinent wurde. Von 1998 bis 2013 war er als Schweißer beschäftigt. Er schweißte unter anderem Fettbackgeräte. Zur Rissprüfung von Schweißnähten verwendete der Kläger farbstoffhaltige Sprays mit dem krebserregenden o-Toluidin, einer chemischen Substanz aus der Stoffklasse der aromatischen Amine. 2014 wurde bei ihm Harnblasenkrebs diagnostiziert.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Feststellung einer Berufskrankheit ab. Der langjährige Nikotinkonsum des Klägers habe zu einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos geführt, argumentierte sie.
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hob diese Entscheidung nun auf. Demnach setzt die Berufskrankheit Nummer 1301 (Schleimhautveränderungen, Krebs und andere Neubildungen der ableitenden Harnwege) keine Mindesteinwirkungsdosis aromatischer Amine voraus. Konkrete außerberufliche Ursachen der Erkrankung seien ausgeschlossen. Insbesondere sei mit seiner Aufgabe des Rauchens im Jahr 2000 der Zigarettenkonsum nicht mehr hinreichend wahrscheinlich eine Ursache der Krebserkrankung des Klägers.
LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.05.2023 - Az. L 2 U 78/21
Die Voraussetzungen von Nr. 2102 Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung sind erfüllt. Meniskusschäden werden als Berufskrankheit anerkannt , wenn es sich um mehrjährige andauernde oder häufig wiederkehrende Tätigkeiten handelt, die die Kniegelenke überdurchschnittlich belasten.
Fußball sei durch eine erhebliche Bewegungsbeanspruchung der Kniegelenke aufgrund extrem dynamischer Belastungen geprägt. Dabei komme es zu schnellen und ruckartigen Belastungsspitzen. Diese könnten im Einzelfall zu zufälligen, repetitiven Mikrotraumen im Bereich der Menisken führen, die im Wege der Aufsummierung zu Schäden und Rissbildungen führen könnten.
Leistungen für die Zukunft schon heute sicherneine Covid-19 Erkrankung kann sowohl ein Arbeitsunfall (Dienstunfall) als auch eine Berufskrankheit sein. Die Anerkennung durch die Berufsgenossenschaft ist Voraussetzung für Leistungen z.B. bei Long-Covid oder Post-Covid, aber auch in späteren Jahren, falls sich Spätfolgen zeigen sollten. Inzwischen wurden in den Sozialgerichten hierzu die ersten Urteile gesprochen.Rechtsanwalt Rath setzt die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit für Sie um, analysiert die gerichtlichen Entscheidungen und plant so das anwaltliche Vorgehen. |
Versicherte erhalten Verletztengeld, wenn sie nach einem Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) arbeitsunfähig sind, oder wenn sie wegen einer Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können. Da es sich um eine Lohnersatzleistung handelt, ist weitere Voraussetzung, dass Sie unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit oder der Berufskrankheit einen Anspruch auf Lohn, Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld oder Mutterschaftsgeld hatten. Beginn der Zahlung von VerletztengeldDas Verletztengeld wird ab dem Tag bezahlt, an dem die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt attestiert wird, oder mit dem Tag, an dem eine Heilbehandlung beginnt, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Arbeit hindert. Das Verletztengeld endet mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder dem Ende der Heilbehandlung. Es wird längstens 78 Wochen (= 1,5 Jahre) gezahlt. Regelentgelt und Höhe des VerletztengeldesDas Regelentgelt beträgt 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgeltes. Das Arbeitseinkommen wird aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens berechnet. Das Verletztengeld beträgt 80 % des Regelentgelts. Besonderheiten bei der Berechnung bestehen für Verletzte, die bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld erhalten haben. Bei Versicherten, die Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen haben, wird zur Berechnung vom bisher zugrunde gelegten Rentenentgelt ausgegangen. |
In der gerichtlichen Praxis stehenden Streitigkeiten um die Gewährung oder die Höhe einer Verletztenrente einen großen Teil aller Verfahren aus der gesetzlichen Unfallversicherung dar. Verletzte haben Anspruch auf eine Rente, wenn
Weitere Voraussetzungen für eine VerletztenrenteDie Verletztenrente wird voll auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist grundsätzlich nur zu entschädigen, wenn sie mindestens ein Fünftel (20 %) beträgt. Die Mindestdauer für die MdE beträgt 26 Wochen, um den besseren Rehabilitationsmöglichkeiten Rechnung zu tragen. Vorläufige Rente und DauerrenteDarüber hinaus ist zu beachten, dass die Renten in der Regel in den ersten drei Jahren zunächst nur als vorläufige Entschädigung gezahlt werden und eine Neufestsetzung der MdE in dieser Zeit keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen voraussetzt. Erst mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall ist die sogenannte Dauerrente festzustellen, die nur bei einer wesentlichen Änderung geändert werden darf. |
Ein Rentner muss über 80.000 Euro Altersrente zurückzahlen, da er beim Beantragen der Altersrente seine Unfallrente verschwieg.
LSG Hessen, Urteil vom 20.03.2024 - L 5 R 121/23
Das Landessozialgericht Hessen entschied zugunsten der Rentenversicherung, dass der Rentner grob fahrlässig handelte, indem er die Verletztenrente in Höhe von 1.260 Euro nicht angab, obwohl er dazu ausdrücklich aufgefordert wurde. Der Rentner erfuhr zehn Jahre später von einer Erhöhung seiner Verletztenrente, die von der Berufsgenossenschaft an die Rentenversicherung gemeldet wurde. Die Rentenversicherung forderte daraufhin die überbezahlte Altersrente zurück.
Der Rentner berief sich auf Falschberatung und Verjährung, jedoch ohne Erfolg. Die Richter entschieden, dass der Rücknahmeanspruch frühestens nach zehn Jahren verjährt und dass grobe Fahrlässigkeit vorliegt, da der Rentner wusste oder hätte wissen müssen, dass ihm die Altersrente in dieser Höhe nicht zustand. Somit muss er die überzahlte Summe zurückzahlen.
Die Rentenhöhe richtet sich nach zwei Faktoren:
1. Die Minderung der ErwerbsfähigkeitDie MdE hängt von zwei Faktoren ab, nämlich den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten im gesamten Erwerbsleben. Im Unterschied zur Arbeitsunfähigkeit ist jedoch für die MdE-Bemessung auf das gesamte Erwerbsleben abzustellen, also den allgemeinen Arbeitsmarkt, ohne Rücksicht auf den Beruf oder das Geschlecht des Versicherten: Es gilt der Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung:
Die Verletztenrente wird immer gezahlt, egal ob der Beruf aufgegeben werden muss oder weiter ausgeübt werden kann. Hierfür gelten eng begrenzte Ausnahmen bei besonderem beruflichen Betroffensein, bei erwerbsunfähigen Schwerverletzten ohne Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und bei Arbeitslosen Schwerverletzten. Die Bemessung der MdE erfolgt nach folgenden Kriterien:
Bewertung der MdEDa die Bewertung der MdE in jedem Einzelfall unter Einbeziehung medizinischer, juristischer, sozialer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte sehr aufwendig und praktisch nicht leiste wäre, gibt es zur Vereinfachung Tabellenwerke mit Erfahrungswerten für bestimmte Gesundheitsschäden. In der Praxis erfolgt die Bemessung der MdE anhand dieser Tabellenwerke, umgangssprachlich auch "Knochentaxen" genannt. die gängigsten sind Mehrhoff/Muhr "Unfallbegutachtung" und Schönberger/ Mehrtens/ Valentin "Arbeitsunfall und Berufskrankheit". Versorgungsmedizinische Grundsätze VersMedV?Die Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung ist nicht anwendbar, weil die Bewertungsmaßstäbe aus dem Behindertenrecht stark abweichen, sodass ein unmittelbarer Vergleich oder eine Bezugnahme nicht möglich ist. Abstrakte SchadensberechnungBei der Höhe der Verletztenrente zeigt sich, dass die Schadensberechnung in der gesetzlichen Unfallversicherung abstrakt ist. Es wird der unfallbedingte Grad der MdE festgestellt und danach aufgrund des ermittelten Jahresarbeitsverdienstes die Verletztenrente ermittelt. hierfür sind zwei Faktoren maßgebend. Einmal ist es der Grad der MdE. Hat der Verletzte seine Erwerbsfähigkeit vollständig verloren, so erhält er eine Rente i.H.v. 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes. Sie wird auch Vollrente genannt. Beträgt die MdE weniger als 100 %, so wird der Teil der Vollrente gezahlt, der dem Grad der MdE entspricht. Erleidet ein Verletzter infolge eines Arbeitsunfalles eine MdE von 30 %, so erhält er eine Rente i.H.v. 30 % von zwei Dritteln seines Jahresarbeitsverdienstes. 2. Der JahresarbeitsverdienstDem Grundsatz nach ist der Jahresarbeitsverdienst der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten im Jahr vor dem Arbeitsunfall, § 82 Abs. 1 SGB VII. Was zum Arbeitsentgelt gehört, ergibt sich aus der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgeltes in der Sozialversicherung (Arbeitsentgelt-Verordnung). Zu beachten ist auch die Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung, die regelmäßig jährlich neu den Veränderungen angepasst wird. JahresarbeitsverdienstFür den Jahresarbeitsverdienst in diesem Sinne ist nicht nur das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, sondern sämtliche Einkünfte aus Beschäftigung wie weitere Nebeneinkünfte oder regelmäßige Sachleistungen. Ergibt sich insofern ein grob unbilliger Jahresarbeitsverdienst, weil er wesentlich zu hoch oder auch zu niedrig ist, so ist der Jahresarbeitsverdienst nach billigem Ermessen durch die Behörde festzustellen. Dadurch soll vermieden werden, dass ein aus besonderen Gründen vorübergehend niedriges oder höheres, der normalen Lebenshaltung des Verletzten nicht entsprechendes Arbeitseinkommen als Jahresarbeitsverdienst für die gesamte Laufzeit der Rente zugrundegelegt wird. Höchstbetrag und BeitragsbemessungsgrenzeDer Jahresarbeitsverdienst wird nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag berücksichtigt. Dieser entspricht in seinen Grundgedanken der auch in der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Der Höchstbetrag des Jahresarbeitsverdienstes ist auf das zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalles maßgebenden Bezugsgröße festgelegt. Dieser gesetzliche Betrag ist in den meisten Fällen durch die Unfallversicherungsträger durch ihre Satzung etwas erhöht worden. |
Insbesondere Versicherte, die an einer beruflichen Rehabilitation durch Weiterbildung und Umschulung teilnehmen, erhalten hierfür eine Lohnersatzleistung, das sogenannte Übergangsgeld. Übergangsgeld wird geleistet, wenn Versicherte infolge von Arbeitsunfall oder Berufskrankheit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. RegelentgeltDem Übergangsgeld wird 80 % des Regelentgeltes zugrunde gelegt. Das Regelentgelt ist das regelmäßige Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen. Als Obergrenze gilt auch hier die Beitragsbemessungsgrenze. Das Übergangsgeld beträgt 75 % des so berechneten Regelentgeltes, wenn mindestens ein Kind oder Stiefkind unterhalten wird, oder wenn Ehegatten oder Lebenspartner in häuslicher Gemeinschaft keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Ansonsten beträgt es 68 % des Regelentgeltes. Übergangsgeld fiktiv berechnetHatten Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls kein Einkommen, wird das Übergangsgeld fiktiv berechnet. Die Festsetzung erfolgt durch Zuordnung zur Qualifikationsgruppe, die der beruflichen Qualifikation des Versicherten entspricht. Anrechnung von EinkünftenSelbst erzieltes Arbeitseinkommen, Mutterschaftsgeld, Versorgungskrankengeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld werden auf das Übergangsgeld angerechnet, d. h. hiervon abgezogen. Übergangsgeld, Verletztengeld und VersorgungskrankengeldÜbergangsgeld wird weitergezahlt, wenn Leistungen zur Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben abgeschlossen, aber weitere Leistungen noch erforderlich sind, und diese weiteren Leistungen nicht durchgeführt werden können, wenn der Versicherte dies nicht selbst zu verantworten hat. Verletztengeld und Versorgungskrankengeld werden in diesem Fall ebenfalls weiter geleistet. |
Der staatlich anerkannte Abschluss einer Erzieherin an einer Fachschule gilt für die Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes als Fachschulabschluss. Die Betroffene kann dann nicht lediglich als mit „abgeschlossener Ausbildung“ eingruppiert werden.
Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Urteil vom 20. Juni 2022 - Az. L 7 R 55/21
Die 57-jährige Klägerin absolvierte in jungen Jahren ihre Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik in Hamburg. Sie erwarb dort den Abschluss ‚staatlich anerkannte Erzieherin‘. Nach über 20 Jahren in ihrem Beruf erkrankte sie und konnte nicht mehr als Erzieherin arbeiten. Die Rentenversicherung bewilligte ihr im Jahr 2019 berufliche Integrationsmaßnahmen. Um ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit sicherzustellen, erhielt sie von der Rentenversicherung ein sogenanntes Übergangsgeld.
Obwohl die Klägerin im vorliegenden Fall ihren Abschluss als Erzieherin an einer Fachschule für Sozialpädagogik erworben hatte, gewährte ihr die Deutsche Rentenversicherung Bund nur ein Übergangsgeld für eine abgeschlossene Ausbildung. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, dass sie wegen ihres Fachschulabschlusses höher eingruppiert werden müsste.
Bei einem fiktiven Einkommen wird das Übergangsgeld in Höhe von 65 % gezahlt. Wie hoch das fiktive Einkommen ist, bestimmt sich nach der beruflichen Qualifikation. § 68 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) stellt hierfür auf den Berufsabschluss ab und differenziert in vier Stufen danach, ob ein Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss (1. Stufe) oder ein Fachschulabschluss (2. Stufe) erworben wurde, eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf vorliegt (3. Stufe) oder aber keine Ausbildung (4. Stufe).
Die Richter verwiesen auf den Wortlaut des Gesetzes. Dieses stellt lediglich auf den Abschluss an einer Fachschule und nicht auf den Erwerb zusätzlicher Fertigkeiten und Berechtigungen ab. Der Wortlaut ist daher eindeutig.
LSG Hessen, Urteil vom 05.07.2023 - Az. L 2 R 61/21 -
Während einer stationären Rehabilitation haben Versicherte gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Anspruch auf Übergangsgeld. Voraussetzungen ist, dass sie unmittelbar vor Beginn der medizinischen Leistung Arbeitslosengeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen haben und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind.
Unmittelbarkeit ist auch dann gegeben, wenn zwischen dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld und der Bewilligung der Reha-Maßnahme neun Tage liegen. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Eine 54-jährige Frau bezog bis Mitte April 2015 Arbeitslosengeld. Neun Tage später bewilligte die Rentenversicherung medizinische Rehabilitation, welche nach weiteren fünf Wochen durchgeführt wurde. Die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit der Reha Maßnahme lehnte die Rentenversicherung ab. Die Frau habe nicht unmittelbar vor Beginn der Reha-Maßnahme Arbeitslosengeld oder eine entsprechende Sozialleistung bezogen. Die Frau machte geltend, dass sie auf den Beginn der Reha keinen Einfluss gehabt habe.
Das Hessische Landesssozialgericht verurteilte die Rentenversicherung, der Frau Übergangsgeld für die Zeit der medizinischen Reha-Maßnahme zu gewähren. Der Begriff „unmittelbar vor Beginn“ erfordere keinen nahtlosen Übergang. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs seien Systematik sowie Sinn und Zweck der Gesamtregelung zu berücksichtigen. Das Übergangsgeld solle während einer Reha die Entgelt- und Einkommensverhältnisse aufrechterhalten. Ein zeitlicher Abstand von vier Wochen zwischen dem Ende des früheren Leistungsbezuges und dem Beginn der Reha-Maßnahme sei regelmäßig unschädlich.
Vorliegend komme es zudem nicht auf den Beginn der Reha-Maßnahme an. Maßgeblich sei vielmehr, wann die Rentenversicherung diese bewilligt habe. Denn die Versicherten hätten regelmäßig keinen Einfluss darauf, wann sie die Reha-Maßnahme antreten könnten. Es hätte an der Rentenversicherung gelegen, der Frau unverzüglich nach der Bewilligung auch einen Platz in einer Reha-Klinik zu beschaffen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Diese Leistungen sind mit Ausnahme der Heilbehandlung nicht nur im SGB VII geregelt, sondern teilweise vereinheitlicht für alle Sozialleistungsbereiche im SGB IX. Damit einhergegangen ist auch eine teilweise Ablösung des gewohnten Begriffs "Rehabilitation" durch den Begriff "Teilhabe", um die Selbstbestimmung der Leistungsberechtigten zu stärken. HeilbehandlungDie Heilbehandlung umfasst regelmäßig nach Art und Umfang zumindest die Leistungen, die die gesetzliche Krankenversicherung gewährt: Erstversorgung, ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich Zahnersatz, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege, Stationäre Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich Belastungserprobung und Arbeitstherapie. Es gibt aber z.B. keine Zuzahlung bei Medikamenten. Durchgangsarzt und Freie ArztwahlTrotz des sogenannten Durchgangsarztverfahrens haben die Versicherten grundsätzlich freie Arztwahl. Nur bei Verletzungen besonderer Art und Schwere ist im Rahmen der besonderen Heilbehandlung die freie Arztwahl zur Sicherstellung des Behandlungserfolgs auf die besonders qualifizierten Durchgangsärzte beschränkt. Zwischen den Durchgangsärzten haben die Versicherten dann aber wieder freie Arztwahl. |
Das Ziel ist es, die Erwerbsfähigkeit von Versicherten nach einem Arbeitsunfall oder mit einer Berufskrankheit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern, damit jeder in der Lage ist, durch Arbeit für seinen Unterhalt selbst zu sorgen. Hierzu zählt das Gesetz folgende Leistungen auf:
Leistungen der ArbeitgeberHierzu werden auch unmittelbare Leistungen an den Arbeitgeber erbracht, insbesondere Ausbildungszuschüsse, Eingliederungszuschüsse, Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb und Kostenerstattung für eine befristete Probebeschäftigung. Dauer des LeistungsanspruchsLeistungen werden für die Zeit erbracht, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Leistungen zur beruflichen Weiterbildung sollen in der Regel nicht mehr als zwei Jahre dauern, außer dass Ausbildungsziel kann nur über eine länger dauernde Ausbildung erreicht werden, oder die Aussicht auf eine neue Arbeit ist durch eine längere Ausbildung wesentlich verbessert. |
Versicherte haben im Leistungsfall auch Anspruch auf Unterstützung, damit eine Teilhabe am sozialen Miteinander gewährleistet ist. Hierbei handelt es sich um folgende Leistungen:
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Sind Versicherte nach einem Arbeitsunfall oder wegen einer Berufskrankheit so hilflos, dass sie ihren gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeiten im Alltag nicht mehr alleine nachkommen können, erhalten Sie Pflegegeld, eine Pflegekraft oder auch häusliche Pflege.
Das Pflegegeld beträgt monatlich zwischen € 300,00 und € 1.199,00. Es ist abhängig von der Art und Schwere des Gesundheitsschadens.
Auf Antrag kann statt des Pflegegeldes auch eine Pflegekraft (Haushaltspflege) gestellt oder die erforderliche Hilfe mit Unterkunft und Verpflegung in einer geeigneten Einrichtung (Heimpflege) erbracht werden.
Hinterbliebene haben einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Angehörige infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) verstirbt. Dies kann insbesondere bei Berufskrankheiten Schwierigkeiten aufwerfen. Vermutung einer Berufskrankheit als TodesursacheIst bei dem Versicherten eine Berufskrankheit Nr. 4101 bis 4104 mit einer MdE von 50 % oder mehr anerkannt, so wird vermutet, dass der Tod infolge dieser Berufskrankheit eingetreten ist, es sei denn, der Tod ist offenkundig nicht infolge einer Berufskrankheit eingetreten (zum Beispiel aufgrund eines Verkehrsunfalls). Eine Obduktion darf nicht gefordert werden. Beweislast für Berufskrankheit als TodesursacheIn allen anderen Fällen hat die anerkannte Berufskrankheit keine Tatbestandswirkung für die Hinterbliebenenrente. D. h. auch wenn der Unfallversicherungsträger bei dem Versicherten eine Berufskrankheit anerkannt hat und der Versicherte an den Folgen der anerkannten Erkrankung stirbt, kann dies beim Streit um die Gewährung einer Hinterbliebenenrente noch einmal voll nachgeprüft werden und die Hinterbliebenen tragen die objektive Beweislast. Witwenrente und WitwerrenteDie Witwenrente beträgt im sogenannten Sterbevierteljahr (bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist) zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes, also die Vollrente. Höhe der WitwenrenteAnschließend beträgt die Rente zwei Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes, wenn
Drei-Zehntel-RegelungWerden diese besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt, beträgt die Rente drei Zehntel des Jahresarbeitsverdienstes des verstorbenen Versicherten. Sie ist auf 24 Kalendermonate begrenzt. Auf die Renten nach Ablauf des Sterbevierteljahres ist das eigene Einkommen der Witwe oder des Witwers anzurechnen. WaisenrenteDie Waisenrente beträgt drei Zehntel des Jahresarbeitsverdienstes, wenn das Kind Vollwaise ist, und ein Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes, wenn es Halbwaise ist. Die Waisenrente wird grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt. Sie kann jedoch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und sogar darüber hinaus gewährt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, § 67 Abs. 3 und 4 SGB VII. Zum Ausschluss der Waisenrente wegen Bezuges von Ausbildungsbezügen, Unterhaltsgeld und Übergangsgeld gelten Einschränkungen gemäß § 68 Abs. 2 SGB VII. ElternrenteNur die gesetzliche Unfallversicherung gewährt auch den Eltern Verstorbener eine sogenannte Elternrente. Hinterlässt der verstorbene Verwandte der aufsteigenden Linie, Stief- oder Pflegeeltern, die er aus seinem Arbeitsverdienst wesentlich unterhalten hat oder ohne den Arbeitsunfall wesentlich unterhalten würde, so ist den hinterbliebenen Eltern eine Rente von einem Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes für ein Elternteil, und von drei Zehntel des Jahresarbeitsverdienstes für ein Elternpaar zu gewähren. Diese Regelung ist in der Praxis besonders für Arbeitnehmer wichtig, die im Ausland ihre Eltern unterhalten. Wesentliche UnterhaltsleistungWesentlich unterhalten hat der Verstorbene seine Eltern nicht nur dann, wenn er mehr als die Hälfte des Unterhalts getragen hat. Es reicht aus, dass die Unterstützungen so erheblich waren, dass sie den Eltern eine einigermaßen auskömmliche Lebenshaltung ermöglichten, die durch den Tod des Versicherten gefährdet ist. Keine Begrenzung auf tatsächliche UnterhaltszahlungDie Elternrente ist nicht auf den Betrag begrenzt, den der Versicherte an seine Eltern gezahlt hat. Sie beträgt immer 20 % bei einem oder 30 % des Jahresarbeitsverdienstes für zwei Elternteile. Dauer des RentenbezugsHäufig umstritten ist die Dauer des Rentenbezugs, also die Frage, wie lange die Eltern ohne den Arbeitsunfall gegen den Verstorbenen einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt gehabt hätten. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein junges, lediges Kind gehandelt hat, das später noch geheiratet hätte. Dann ist unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, ob nach der voraussichtlichen Lebensstellung des Verstorbenen die Eltern auch nach den Unterhaltspflichten des Kindes gegenüber seiner Familie noch einen Unterhaltsanspruch hätten geltend machen können. |